Patientenverfügung, was gilt es zu beachten?

Eine schriftliche Patientenverfügung lässt Patientinnen und Patienten für den Fall ihrer Entscheidungsunfähigkeit in medizinischen Angelegenheiten vorsorglich festlegen, dass in einer bestimmten Situation bestimmte medizinische Maßnahmen durchzuführen oder zu unterlassen sind. Damit soll sichergestellt werden, dass der Patientenwille umgesetzt wird, auch wenn dieser in der aktuellen Situation nicht mehr geäußert werden kann.

 
Eine juristische Beratung ist sinnvoll, da viele Muster-Formulare entweder veraltet oder zu allgemein gehalten sind. Dies lässt im Zweifelsfall zu viele Interpretationsmöglichkeiten offen. Teilweise enthalten viele Patientenverfügungen sogar Widersprüche in sich. Somit ist eine Patientenverfügung dann nutzlos.
 
Einige Versicherungen übernehmen sogar die Kosten für die juristische Beratung. Die gesetzliche Grundlage für die Patientenverfügung ist Paragraph (§) 1901a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der die Rahmenbedingungen für den Umgang mit einer Patientenverfügung regelt.
 

Sie muss zur Wirksamkeit folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie muss schriftlich erfolgen, d.h. mit eigenhändiger Unterschrift versehen werden. Kann der Verfügender keine nachvollziehbare Unterschrift mehr leisten, muss ein Notar das Handzeichen des Verfügenden beglaubigen, § 126 BGB. Wenn der Verfügende gar nicht schreiben kann, ist eine notarielle Beurkundung vorzunehmen nach § 129 BGB i.V.m. § 25 Beurkundungsgesetz.
  • Der Verfügende muss volljährig (d.h. mindestens 18 Jahre alt) sowie einwilligungsfähig (d.h. einsichts- und steuerungsfähig) sein.
  • Sie darf nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen oder widerrufen worden sein. Festlegungen in einer Patientenverfügung sind dann nicht bindend, wenn auf Grund konkreter Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass Sie sie zum Behandlungszeitpunkt nicht mehr gelten lassen wollen oder wenn sie gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, § 134 BGB. Deshalb kann in einer Patientenverfügung z.B. vom Arzt keine strafbare Tötung auf Verlangen gefordert werden.
 

Wozu brauche ich eine Patientenverfügung?

Es können jederzeit unterschiedliche Situationen eintreten, in denen man nicht mehr einwilligungsfähig ist aber dennoch medizinisch behandelt werden muss. Betroffene sind nicht nur ältere Menschen, etwa bei einem Schlaganfall. Auch jüngere Menschen können, beispielsweise durch einen Unfall, körperlich und geistig so beeinträchtigt werden, dass sie nicht mehr selbst entscheiden können. Durch die aktuelle Gesetzeslage*, können Angehörige nicht für Sie entscheiden, wenn es keine Patientenverfügung gibt. Nicht einmal Ihr Ehepartner. 

*Die Regelung für Ehepartner ändert sich per 01.01.2023, sodass wenigstens diese beschränkte Befugnisse erhalten.

Folgende Gründe sprechen dafür grundsätzlich eine Patientenverfügung zu erstellen:

  • Sie möchten bereits jetzt für den Fall eines plötzlichen Eintritts eines Ereignisses in Ihrem Leben wie ein Unfall oder eine schwere Krankheit vorsorgen und nichts dem Zufall überlassen.
  • Jede ärztliche und pflegerische Maßnahme darf in Deutschland nur dann ausgeführt werden darf, wenn der Patient beziehungsweise sein gesetzlicher Vertreter zustimmt. Nur in akuten Notfällen dürfen Behandlungen ohne Zustimmung durchgeführt werden, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen entsprechen. Wenn Sie selbst bestimmt behandelt werden möchten und eine bestimmte Behandlung für sich wünschen oder auf eine Behandlung verzichten möchten, ist eine Patientenverfügung unerlässlich.
  • Wenn Ihnen im Verlauf einer schweren Krankheit nicht die Lebensverlängerung um jeden Preis, sondern die Aufrechterhaltung der Lebensqualität wichtiger ist, können Sie im Rahmen einer Patientenverfügung palliativmedizinische Behandlung anordnen und auf intensivmedizinische Maßnahmen verzichten. 
  • Sie möchten, dass Ihre Vorstellungen von würdevollem und selbst bestimmtem sterben umgesetzt werden. Eine Patientenverfügung dient den behandelnden Ärzten, dem Pflegeteam und Ihrem Bevollmächtigten oder Betreuer als rechtliche Grundlage, bestimmte intensivmedizinische lebenserhaltende Maßnahmen, die Sie für sich nicht wünschen, nicht einzuleiten bzw. bereits eingeleitete Maßnahmen zu beenden.
 

Was passiert, wenn ich keine Patientenverfügung habe?

Eine Patientenverfügung dient der Wahrung Ihrer Selbstbestimmung, wenn Sie Ihren Willen nicht mehr bilden oder äußern können. Trifft man keine Vorsorge in Form einer Patientenverfügung, muss man Ihre Behandlungswünsche oder Ihren mutmaßlichen Willen ermitteln oder Mutmaßungen vornehmen. Dabei kann nicht immer sichergestellt werden, dass Ihr Wille korrekt ermittelt und durchgesetzt wird.

Wenn Ihr behandelnder Arzt eine Entscheidung über eine medizinische Maßnahme treffen muss und ein Bevollmächtigter nach § 1904 Abs. 5 BGB vorhanden ist, wird der Arzt Ihren Willen im Dialog mit Ihrem Bevollmächtigten bestmöglich ermitteln. Wenn Sie keine Vorsorgevollmacht erteilt haben, wird ein Gericht einen Betreuer bestellen, und dieser wird zusammen mit dem Arzt eine Entscheidung treffen, die Ihrem Willen wahrscheinlich entspricht.

Wenn keine Patientenverfügung vorhanden ist, wird man versuchen, nach Bewertung von Nutzen und Risiken die optimale Versorgung zu Ihrem Wohl festgestellt.

Danach muss ein Einvernehmen über die einzelnen medizinischen Maßnahmen zwischen Ihrem Arzt, einerseits, und Ihrem Bevollmächtigten bzw. dem gerichtlich bestellten Betreuer, andererseits, erzielt werden. Gelingt dies nicht, muss Ihr Bevollmächtigter oder Betreuer einen Antrag beim Gericht stellen, über den das Gericht entscheiden muss. 

Erst danach kann die Behandlung beginnen oder unterlassen werden.

Das Hauptproblem hier ist, das sowohl Maßnahmen nicht Ihrem Willen entsprechend ausgeführt werden. Dazu kommt die Last für Ihre Angehörigen, die entscheiden müssen, welche Behandlung gewünscht oder von Ihnen wahrscheinlich abgelehnt worden wäre. Niemand möchte gerne seinen Kindern oder Verwandten die Bürde auferlegen, zu entscheiden wann z.B. lebenserhaltende Maßnahmen abgestellt werden sollen. 

Diese Bürde sollten Sie vorab in einer Patientenverfügung niederschreiben, damit Ihre Angehörigen für den Fall der Fälle wissen, was Sie sich in Ihren letzten Stunden und Tagen wünschen.

 

Was ist bei einer Patientenverfügung noch zu beachten?

Eine Patientenverfügung muss konkret genug formuliert sein, hier scheitern viele Muster aus dem Internet. Eine isolierte pauschale Formulierung „Ich wünsche keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ ist keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung. Wann wünschen Sie keine lebenserhaltenden Maßnahmen? Vielmehr muss genau benannt werden, in welcher Situation welche Behandlung vorgenommen oder unterlassen werden soll. Dies kann durch die Benennung bestimmter medizinischer Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen.

Beschreiben Sie daher die relevanten Situationen, für die Ihre Patientenverfügung gelten soll, und benennen Sie konkret, in welcher Situation welche intensivmedizinische Maßnahme durchgeführt werden soll oder abgelehnt wird.

Natürlich kann man von Ihnen nicht verlangen, dass Sie jegliche Situation im Vorfeld erahnen und beschreiben. Es reicht aus, wenn Sie die klassischen, am häufigsten vorkommenden Situationen und Ihre Behandlungswünsche in diesen Situationen beschreiben. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Behandlungswille in ähnlichen Situationen daraus abgeleitet werden kann.

Je konkreter Sie Ihre Patientenverfügung verfassen, desto weniger Auslegungsspielraum lässt sie später zu. Das hilft dem Arzt und Ihrem Stellvertreter, egal ob dies ein von Ihnen ernannter Bevollmächtigter oder ein gerichtlich bestellter Betreuer ist, eine Ihrem Willen entsprechende Entscheidung zu treffen.

Dazu ist zwingend ein Datum & Ihre Unterschrift auf der Verfügung zu hinterlegen, damit ersichtlich wird, wann diese erstellt wurde. Sollten später Zweifel an Ihrer Testierfähigkeit bestehen, sollte dies z.B. mit einem Notar oder Arzt besprochen werden, damit auch dieses Risiko ausgeschlossen wird. Diese beurteilen im Zuge der Erstellung Ihre Handlungsfähigkeit.


Patientenverfügung lagern & hinterlegen

Hinterlegen Sie eine Kopie Ihrer Patientenverfügung bestenfalls bei einer oder mehreren Vertrauenspersonen.

Zentrales Vorsorge­register der Bundes­notarkammer (ZVR)

Das Zentrale Vorsorge­register der Bundes­notarkammer, kurz ZVR, wurde 2005 von der Bundesregierung beauftragt, die Vorsorge­dokumente der Bürger zu registrieren. Das Register ist in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft und wird vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz beaufsichtigt. Beim ZVR können Sie einen Antrag stellen, um Daten zu Ihrer Patienten­verfügung zu hinterlegen, allerdings nur in Kombination mit einer gültigen Vorsorge­vollmacht. Die eigentlichen Dokumente bewahrt das ZVR nicht auf, sondern lediglich eine Kurzinformation, aus der hervorgeht, dass es eine entsprechende Verfügung gibt. Zusätzlich werden Ihre Daten und die wichtigsten Daten Ihrer Vertrauens­personen gespeichert. Der Nachteil an der Registrierung im ZVR: Nur Betreuungs­gerichte können die Daten abfragen, Angehörige und Ärzte bekommen keine Auskunft. Die Eintragung kostet zwischen 13 und 20 Euro. Änderungen an den Dokumenten vornehmen ist ebenfalls kostenpflichtig.

Sie müssen die Patienten­verfügung schlussendlich nirgendwo aufbewahren lassen. Es reicht auch aus, diese zu verfassen und zu Hause aufzubewahren. Sollten Sie sich dafür entscheiden, ist es sehr wichtig, dass Sie Ihren Angehörigen mitteilen, dass es eine Patienten­verfügung gibt und wo Sie diese aufbewahren. Generell ist es allerdings empfehlenswert, die Verfügung nicht nur in den eigenen Akten, sondern auch an einer anderen Stelle zu hinterlegen, die Angehörige im Notfall von überall aus einsehen können. Grundsätzlich können Sie diese auch beim Hausarzt in Kopie hinterlegen lassen.

 

Müssen Patientenverfügungen angepasst werden?

Wer bereits eine Patientenverfügung hat, sollte diese nach dem BGH-Urteil noch einmal prüfen und an die neuen Vorgaben anpassen, damit sie im Ernstfall wirklich greifen kann. Dies sollte ohnehin in regelmäßigen Abständen (alle 2-3 Jahre) geschehen, um neuesten Regelungen zu entsprechen und seine Wünsche und den letzten Willen bei Bedarf anpassen zu können. Denn je nach Alter, Ansichten und Lebensumständen, kann auch dieser Wille anders ausfallen, als vielleicht vor 10 Jahren noch.

Die Patientenverfügung sollte individuell verfasst sein und sowohl den Willen des Patienten als auch seine Lebensanschauung berücksichtigen. Mit Hilfe von Ankreuzformularen aus dem Internet ist dies nur schwer möglich und lässt häufig zu viel Interpretationsspielraum, wodurch die Patientenverfügung unwirksam wird. Wir raten dazu, eine Patientenverfügung so genau wie möglich zu gestalten, damit diese sowohl Ihrem Willen als auch der Wirksamkeit entspricht.

Offizielle Textbausteine gibt es zum Beispiel vom BMJ (Bundesministerium für Justiz). Diese können genutzt und entsprechend nach den eigenen Wünschen angepasst werden.

Hier finden Sie die aktuellen Textbausteine

Wir stehen Ihnen hier gerne beratend zur Seite, um eine wirksame Patientenverfügung zu erwirken, die keine Interpretationsspielräume lässt. 

Hier können wir auf ein Netzwerk von Anwälten, Steuerberatern und Notaren zurückgreifen, die uns in speziellen Fragen unterstützend zur Seite stehen. Kommen Sie gerne auf uns zu und vereinbaren einen kostenfreies Erstgespräch.